Menschen

Frühlingserwachen im Nationalpark Berchtesgaden

Haus der Berge | Gespräch mit Leiter Ulrich Brendel

Ulrich Brendel, Leiter des Haus der Berge, empfängt uns in der Eingangshalle. Seit 9 Jahren ist er nun für die vielen Aktivitäten im Nationalparkzentrum in Berchtesgaden verantwortlich. Heute nimmt er sich Zeit für mich und unsere Schülerpraktikantin Lena. Wir wollen wissen, was im Frühling so alles im Nationalpark Berchtesgaden los ist.

Wir gehen hinaus, hinter das Hauptgebäude in den sogenannten „Alpengarten“ des Zentrums. Der Watzmann steht in aller Pracht vor uns, noch ganz winterlich weiß, der Schnee gleißt regelrecht in den satten Sonnenstrahlen.

Im Alpengarten sieht es noch etwas kärglich und braun aus. Von Frühling ist hier noch nicht viel zu sehen. „Das dauert noch ein Weilchen“, sagt Ulli. „Aber an manchen sonnigen Hängen in Berchtesgaden finden Wanderer schon seit einer Woche die ersten Leberblümchen.“ Haselnuss- und Weidensträucher trügen bereits Blüten und seien für die in ihren Winterverstecken erwachenden Insekten die erste wichtige Nahrung. „Pestwurz und Bärlauch bereiten sich mit ihren hellgrünen Blättern auf den Start vor und hier seht Ihr schon die ersten Blattknospen, die auch nochmal den einen oder anderen Frost aushalten“, erzählt Ulli und deutet auf einen Wildrosenstrauch.

Lena fragt nach den Tieren im Nationalpark und welche denn im Frühling Nachwuchs bekämen. Bestimmt denkt sie dabei an süße, weiße Lämmchen, die wir alle mit Ostern und Frühling verbinden. „Da sind die Wildtiere anders getaktet“, erklärt Ulli. Steinböcke und Gämsen erwarteten ihren Nachwuchs erst im Frühsommer, wenn auch in höheren Lagen ausreichend frisches Grün vorhanden sei. Ganz so idyllisch, wie wir uns das mit den Tierbabys vorstellen, geht es nicht zu. Fressen und gefressen werden, Leben und Tod, das geht in der freien Wildbahn Hand in Hand: „Die Natur ist komplett abgestimmt auf die Begebenheiten: Sobald die Kitze auf der Welt sind, haben auch die Steinadler hungrigen Nachwuchs,“ so Ulli.

Bartgeier-Nachwuchs kündigt sich schon zum April an – in ein paar Jahren hoffentlich auch in Berchtesgaden. Durch Lawinen oder Schwäche verendete Tiere „apern“ jetzt aus – werden durch die Schneeschmelze freigelegt. Ihre Knochen ernähren die Geier-Küken.

Bei den Vögeln beginnen im Frühling die Revierstreitigkeiten. „Während sich im Winter die Amselhähne friedlich um das Vogelhäuschen scharen und sich nur ums Überleben kümmern, geht es jetzt um die Weibchen, den besten Brutplatz und die nahrungsreichste Umgebung“, erläutert Ulli. Im Nationalpark beginne jetzt auch die Balzzeit des Birkhahns. Wie allen Tieren im Nationalpark gegenüber sei hier große Rücksichtnahme nötig. Die Rückzugsorte der Wildtiere würden immer kleiner. „Wir Menschen sollten sie so wenig wie möglich stören. Vor allem Hunde gehören immer an die Leine“, appelliert Ulli.  

Wir schaudern etwas bei dem Gedanken an kämpfende Vögel, niedliche Gamskitze in Adlerkrallen und Knochen von verendeten Tieren. Da freuen wir uns doch, dass nun die Sprache auf die Murmeltiere, die herzig-pelzigen „Mankei“, kommt. Nach einem langen Winterschlaf kommen sie ab April aus ihren unterirdischen Bauen hervor. Sie spüren, wann die Erde eine frühlingshafte Temperatur erreicht. Oder sie wachen ganz einfach auf, wenn ihre Fettreserven aufgebraucht sind. Gern erinnere ich mich an ihre scharfen Warnpfiffe auf den Berchtesgadener Almwiesen, und freue mich auf die nächste sonnige Wanderung.

Im Frühling müssen Gäste Wanderungen gut planen, rät Ulli: „In höheren Lagen gibt es im Nationalpark Berchtesgaden noch lange Schnee. Während Besucher beispielsweise im Klausbachtal schon wunderbar frühlingshafte Tier- und Pflanzenbeobachtungen machen können, liegen viele Almwiesen noch unter einer dicken Schneedecke.“

Mittlerweile sitzen wir auf einer gemütlichen Holzbank. Wir sprechen darüber, wie wichtig der Nationalpark ist. „Es ist unsere Aufgabe als Nationalpark, sowohl die Natur zu schützen, als auch den Menschen die Möglichkeit zu bieten, sich in diesem Rückzugsort zu erholen,“ so Ulli.

Dass der gegenseitige Respekt dabei die größte Rolle spiele, ist für Ulli gesetzt: „Nur wenn wir Menschen uns an die Regeln halten, Pflanzen und Tieren ihren Lebensraum lassen, sie nicht stören und ihr zu Hause respektieren, können wir uns dieses Juwel der Natur erhalten“.

Dem können wir uns nur nickend anschließen und blicken in der Sonne blinzelnd zum Watzmann hinauf. Was die Steinböcke dort oben wohl machen?

Portrait Ulrich Brendel

Ausbildung: Biologe

Familie: Mein ein und alles. Die zwei Kinder sind schon aus dem Gröbsten heraus.

Wie viel Deiner Arbeitszeit verbringst Du „draußen“?
Viel zu wenig. Durch das Steinadler- und Bartgeierprojekt bin ich wieder öfter draußen unterwegs. Das brauche ich dringend – durch die Erlebnisse in der Natur kann ich mich wieder motivieren. Die Natur da draußen ist schließlich das, was wir schützen, zu dem wir Bewusstsein vermitteln wollen.
Deine Lieblingspflanze im Nationalpark?
Unbestritten die Aurikel, in Berchtesgaden „Gamsbleame“ genannt. Vom Aussehen her ähnlich dem Schlüsselblümchen. Es gefällt mir nicht nur sehr, wenn es sich wie ein gelber Teppich über Felsplatten ausbreitet. Es beeindruckt mich wahnsinnig: Es ist in der Lage Temperaturunterschiede von 100 Grad auszuhalten, braucht kaum Feuchtigkeit und findet in den steilsten Felsen Halt.
Dein Lieblingstier im Nationalpark?
Durch das neue Projekt hat der Bartgeier stark aufgeholt, aber an erster Stelle ist und bleibt bei mir doch nach wie vor der Steinadler – ein unglaublich beeindruckender Vogel.
Fortbewegung lieber mit dem Rad oder mit dem Auto?
Radeln mag ich lieber. Ich fahre so oft es nur geht mit dem Rad.
Deine Hobbies?
Ich bin auch privat unglaublich gern in der Natur unterwegs, bewege mich gern, treibe gern Sport.

Ich bin hier aufgewachsen und nach vielen Jahren im außereuropäischen Ausland fast reumütig zurückgekehrt: So schön und spannend es in der großen weiten Welt da draußen auch ist – dahoam in Berchtesgaden ist‘s doch einfach am schönsten! 2014 habe ich angefangen im Tourismus in Berchtesgaden zu arbeiten. Seit Januar 2021 bin ich in der Abteilung Destinationsmanagent im Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden tätig. Meine kleine Tochter trat 2016 in mein Leben. Mit ihr bin ich viel in den Bergen unterwegs. Sport und Bewegung ist für Kinder so wichtig! Wir beide lieben die Natur und ihr Schutz liegt uns sehr am Herzen. Mit der faszinierenden Tier- und Pflanzenwelt, besonders im Nationalpark Berchtesgaden, gibt es auf unseren Touren jedes Mal aufs Neue unvergessliche Erlebnisse. Schreiben tu ich für mein Leben gern und so freue ich mich, die werten Leserinnen und Leser des Berchtesgaden Blogs zukünftig mit Portraits von besonderen Menschen, Berichten von unseren Wanderungen und kindlichen Gedanken zum Leben in den Berchtesgadener Bergen unterhalten zu dürfen!

2 Kommentare

  • Rainer Kirmse , Altenburg

    EIN KLEINES FRÜHLINGSGEDICHT

    Der Lenz zieht ein, trotz allem Leid,
    Im Gewand die herrlichsten Blüten.
    Er macht der Menschen Herzen weit,
    Möge er auch bringen den Frieden.

    FRÜHLINGSERWACHEN

    Leben erwacht in den Wiesen,
    Bäume entfalten Blütenpracht.
    Ringsum bunte Blumen sprießen,
    Das Grüne drängt hervor mit Macht.

    Vorbei nun des Winters Mühen,
    Im Frühlingskleid steht die Natur.
    Die dunklen Gedanken fliehen,
    Man sieht fröhliche Menschen nur.

    Der Häuser Enge entstiegen,
    Begrüßen den Lenz Jung und Alt.
    Wer will da noch faul rumliegen,
    Die Lerche singt, Ostern ist bald.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Frühlingsgrüße aus Thüringen

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